"Beamter" im Versicherungsformular erfasst nicht Richter, Soldaten oder Minister
Der BGH hat sich in seiner Entscheidung vom 26.09.2002 mit der Frage beschäftigt, ob eine Beamtenklausel für einen Soldaten gilt, der im Antragsformular wegen Fehlens der Berufsbezeichnung Soldat die Berufstellung Beamter angekreuzt hat.
Sachverhalt
Der Kläger schloss 1988 als Soldat bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab. Dass Antragsformular enthielt in der Zeile "Berufsstellung" nicht die Berufsgruppe "Soldat". Der Versicherungsagent kreuzte daher das Kästchen ,"Beamter" an. Die vertraglich einbezogenen Versicherungsbedingungen enthielten eine Beamtenklausel, welche die Dienstunfähigkeit mit der Berufsunfähigkeit gleichstellte. Der Kläger wurde 1994 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Daraufhin machte er gegenüber seiner Versicherung unter Berufung auf die Beamtenklausel Anspruch auf die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente geltend. Die Beklagte verweigerte jedoch die Zahlung mit der Begründung, dass die Beamtenklausel nicht eingreife und der Kläger seine allgemeine Berufsunfähigkeit nicht dargelegt habe. Nachdem die Beklagte erstinstanzlich unterlegen war und auch mit der Berufung erfolglos blieb, legte sie Revision ein. Der BGH hat darauf hin das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. In der Sache verneinte der BGH das Vorliegen der Voraussetzungen der Beamtenklausel.
Entscheidung
Bei der Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen sei auf einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen. Es sei daher zunächst der Wortlaut der Klausel maßgeblich. Das Wort "Beamter" sei für sich allein betrachtet eindeutig. Es lasse keine Deutung dahingehend zu, dass auch nichtbeamtete Staatdiener wie Soldaten, Richter und Minister erfasst sein sollen.
Ein anderes Auslegungsergebnis ergebe sich auch nicht aus dem Zusammenhang der Beamtenklausel mit dem Antragsformular. Allein aus dem Umstand, dass bei den im Antrag benannten Berufstellungen die des Soldaten fehlt, lasse sich nicht ableiten, dass der Versicherungsgeber mit dem verwendeten Begriff „Beamter“ jeden Versicherungsnehmer erfassen will, der eine beamtenähnliche berufliche Stellung innehat.
Nach Ansicht des BGH ist auch keine einzelvertragliche Sonderverbindung zwischen den Parteien zustande gekommen, da es an einem Antrag des Klägers fehlt, als „Beamter“ versichert zu werden. Eine Falschauskunft des Versicherungsvertreters sei vom Kläger nicht bewiesen worden, so dass kein Anspruch gegen die Beklagte aus versicherungsrechtlicher Vertrauenshaftung in Betracht komme.
Nicht jede verschwiegene Gesundheitsbeeinträchtigung berechtigt Versicherung zum Rücktritt
Das OLG Frankfurt a. M. beschäftigt sich in seinem Urteil vom 01.02.2006 mit der Frage, ob der bereits der formelle Akt der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit oder nur das tatsächliche Vorliegen einer Dienstunfähigkeit das Eingreifen einer Beamtenklausel. Thematisiert wird auch das Problem der Anfechtung und des Rücktritts vom Vertrag.
Sachverhalt
Ein Landesbeamter hatte Klage auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung erhoben. Er hatte 1999 einen Antrag auf Abschluss einer Berufunfähigkeitsversicherung mit Beamtenklausel bei der Beklagten eingereicht. Dabei beantwortete er sämtliche Fragen nach gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit nein und auf die Frage nach ärztlichen Behandlungen teilte er eine befundlose amtsärztliche Untersuchung mit. Der Kläger wurde im Jahr 2002 aufgrund gesundheitlicher, operationsbedingter Beeinträchtigungen (Darmirregulation, Angst- und Depressionsstörrungen) in den Ruhestand versetzt. Er beantragte daraufhin bei der beklagten Versicherung Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Beklagte erklärte den Rücktritt vom Versicherungsvertrag gemäß § 16 VVG mit der Begründung, dass der Kläger verschiedene Erkrankungen im Versicherungsvertrag nicht angeben habe. Mit weiterem Schreiben erklärte die Beklagte zudem die Anfechtung des Versicherungsvertrages. Während der Kläger erstinstanzlich mit der Klage scheiterte, hatte er mit Berufung überwiegend Erfolg.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG kam es bei der in Rede stehenden Beamtenklausel darauf an, dass der Versicherungsnehmer krankheitsbedingt dienstunfähig sein müsse und wegen dieser Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt oder entlassen wird. Auch aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers könne daher allein die Versetzung in den Ruhestand keine unwiderlegliche Vermutung der Berufsunfähigkeit begründen. Die Voraussetzungen der Dienstunfähigkeit müssten vielmehr tatsächlich auch geben sein. Die Auslegung der für den Kläger geltenden Versicherungsbedingungen ergebe zudem, dass der Versicherer zwar ein Nachprüfungsrecht habe, allerdings von dem Versicherungsnehmer nicht der positive Nachweis der Dienstunfähigkeit verlangt werden könne. Die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte habe jedoch keine Zweifel an der Dienstunfähigkeit angezeigt und keine weiteren Untersuchungen verlangt. Das pauschale Bestreiten der Dienstunfähigkeit sei im Hinblick auf die getroffene Beweislastregel nicht ausreichend. Aufgrund der vorgelegten Atteste sei daher von der Dienstunfähigkeit des Klägers auszugehen. Die Beklagte könne sich zudem nicht auf Rücktritt beziehungsweise Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen Nichtangabe gefahrerheblicher Umstände berufen. Der Rücktritt scheitere an § 21 VVG. Nach § 21 VVG bleibt der Versicherer im Falle des Rücktritts zur Leistung verpflichtet, wenn der Umstand, in Ansehnung dessen die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers verletzt ist, keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls gehabt hat. Die gesundheitlichen Mängel, die letztlich für die Versetzung in den Ruhestand kausal geworden waren, hätten aber mit den vom Kläger bei Vertragsschluß nicht mitgeteilten Beeinträchtigungen nichts zu tun. Im Hinblick auf die schon nicht fristgerechte Anfechtung des Vertrages sei der beklagten Versicherung nicht der Nachweis gelungen, dass der Kläger arglistig, also in dem Bewusstsein gehandelt habe, dass der Versicherer bei Kenntnis des wahren Sachverhalts den Antrag gar nicht oder zu anderen Bedingungen angenommen hätte.
Das OLG Frankfurt am Main hat sich in seiner Entscheidung vom 29.06.2001 mit der Frage befasst, ob eine Polizeibeamtin auf Probe bei Entlassung wegen Nichtbewährung aufgrund fehlender gesundheitlicher Eignung Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente bei Vereinbarung einer besonderen Dienstunfähigkeitsklausel hat.
Sachverhalt
1992 schloss die Klägerin bei der beklagten Versicherung eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ab. Diese enthielt eine besondere Dienstunfähigkeitsversicherung. Nach dieser sollte eine Leistungspflicht begründet werden, wenn der Versicherungsnehmer wegen besonderer Dienstunfähigkeit im Hinblick auf die mit seinem Dienst verbundenen verschärften gesundheitlichen Anforderungen entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird.
Ende 1999 wurde die Klägerin als Polizeibeamtin auf Probe wegen eines gesundheitlichen Mangels (Thorokolumbalskoliose) nicht in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen und aus dem Polizeidienst entlassen. Die Beklagte verweigerte jedoch Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Begründung, dass kein Leistungsfall im Sinne der vereinbarten Klausel vorläge, da die Klägerin nicht wegen Dienstunfähigkeit entlassen worden sei. Die zuständige Personalbehörde habe den Gesundheitsmangel der Klägerin nur zum Anlass für eine Entlassung wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit genommen. Nachdem das Landgericht die Klage abgewiesen hatte, bekam die Klägerin in der Berufung Recht.
Entscheidung
Eine Entlassung eines Polizeivollzugsbeamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit kann nach Ansicht des OLG Frankfurt a. M. die Voraussetzungen der besonderen Dienstunfähigkeitsversicherung erfüllen. Dies sei dann der Fall, wenn die Entlassung ausschließlich auf die fehlende gesundheitliche Eignung und Dienstunfähigkeit als Polizeivollzugsbeamter auf Dauer gestützt wird. Die rechtliche Systematik des § 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HBG (Hessisches Beamtengesetz) lässt die Möglichkeit zu, dass ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung aufgrund ausschließlich gesundheitlichen Gründen entlassen werden kann. Für die Beurteilung des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs komme es daher nicht darauf an, dass die Entlassung der Klägerin auf ihre Nichtbewährung gestützt war. Entscheidend sei vielmehr die Frage, ob die sachlichen Voraussetzungen der besonderen Dienstunfähigkeitsversicherung gegeben sind. Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes erfüllt das Krankheitsbild der Klägerin die Voraussetzungen der Dienstunfähigkeit für den Polizeidienst gemäß der besonderen Dienstunfähigkeitsklausel.